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Bußgeld im sogenannten LKW-Kartell von € 880 Mio gegen Scania verhängt

Die Europäische Kommission (KOM) hat mit einer Pressemeldung vom heutigen Tag (http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-3502_en.htm) das Verfahren gegen das sog. LKW-Kartell abgeschlossen. Nachdem bereits am 19.7.2017 die Verfahren gegen Daimler, MAN, IVECO, Volvo/Renault und DAF beendet worden waren (https://meyerjansen.de/kom-veroeffentlicht-bussgeldbescheid-zum-lkw-kartell/), ist heute das Bußgeld gegen Scania verhängt und bekannt gemacht worden.

Im Unterschied zu den anderen LKW-Herstellern hatte Scania einem Vergleich mit der KOM nicht zugestimmt. Die Folge ist das zweithöchste Bußgeld in diesem Fall, da Scania keinerlei Abschläge aufgrund der fehlenden Kooperationsbereitschaft erhalten hat.

Viele Transportunternehmen sind vom LKW-Kartell betroffen

Die Pressemeldung bestätigt erneut, dass das LKW-Kartell im Zeitraum 1997 – 2011 durch eine sehr weitgehende Koordinierung der Bruttolistenpreise, eine Abstimmung der Kosten für neue Immissionstechnologien und einen weitgehenden Austausch der Hersteller geprägt gewesen ist. Die KOM unterstreicht, dass eine sehr nennenswerte Anzahl von Transportunternehmen durch die Absprachen betroffen gewesen ist. Der gemeinsame Marktanteil in dem sowieso fast oligopolistischen Markt betrug und beträgt über 90 % aller verkauften mittelschweren und schweren LKW in der EU.

Deutschland wird führende Rolle beim Kartellschadensersatz im LKW-Kartell einnehmen

Das Kartell ist laut KOM seit dem Jahr 2004 im Wesentlichen durch die deutschen Niederlassungen der Hersteller koordiniert worden. Nicht zuletzt deswegen wird Deutschland bei den Klagen der geschädigten Unternehmen eine führende Rolle im Kartellschadensersatz zukommen. Erste mündliche Verhandlungen finden nächste Woche vor dem LG Stuttgart statt (FAZ, 27.9.2017, S. 19).

MJG vertritt gebündelt in der Verbände-Geschädigten-Gemeinschaft die Interessen von über 200 Unternehmen.

Wichtige Erkenntnisse zu Vertriebsstrukturen und Preisabsprachen im LKW Kartell

Die Kommission hat mittlerweile die vorläufige und nicht-vertrauliche Bußgeldentscheidung zum LKW-Kartell (CASE AT.39824 – Trucks) auf ihrer Homepage veröffentlicht (PDF abrufbar hier). Vorläufig ist die Entscheidung, da offenbar zwischen den bebußten Herstellern Daimler, MAN, Iveco, DAF und Volvo/Renault noch Streit über den Umfang der erforderlichen Schwärzungen wegen vermeintlicher Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse besteht. Die Entscheidung ist, da es sich um eine Settlement-Entscheidung handelt, in allen Teilen zusammenfassend und kürzer, als dies bei der noch ausstehenden Entscheidung gegen Scania zu erwarten ist. Scania hat als einziger Hersteller einem Vergleich mit der Kommission nicht zugestimmt.

Gleichwohl enthält die Entscheidung wichtige Aussagen zu den Vertriebsstrukturen der Kartellanten, den Preisabsprachen im Einzelnen sowie den Charakteristika des LKW-Marktes. Die Entscheidungen gegen sämtliche Hersteller mit Ausnahme von Scania sind rechtskräftig und haben unmittelbare Relevanz für die außergerichtliche wie gerichtliche Durchsetzung von Schadensersatzansprüche geschädigter Unternehmen.